The Celtic Times 2/15: Wales

The Celtic Times 2/15: Wales

Redactionsbureau - Werkstattbericht

Verehrte Mitreisende, liebe Freunde des redACtionsbureaus,

wir sind rüber. Über den Severn Estuary, den schmalen Sund am Ende des Bristol Channel, rauf auf die Brücke und rüber nach Cardiff. Cornwall, der erste große Abschnitt der Tour, liegt hinter uns. Jetzt sind wir in der walisischen Hauptstadt angekommen.

Überbordende Pracht der Bäume am Bute Park, er liegt gleich am Schloss. Prinz Charles ist offenbar nicht zuhause, sondern unterwegs. Der keltische Schatz der Druiden aus Anglesey ebenfalls. Normalerweise liegt er im Welsh Museum. Jetzt ist er in Kisten verpackt und wird in zwei Jahren ins neue Gebäude an der Cardiff Bay umgezogen sein. Das Tourist Office ist auch schon dort. Da nehmen wir doch gleich den Bus und sind hop-on-hop-off mit unterhaltsam informativer Stadtrundfahrt auf dem ehemaligen Werftgelände der Hauptstadt.

Hier lag „The Island“, entstanden als und gewachsen seit die Iren kamen und am Hafen Arbeit und ein neues Zuhause fanden. Wales war mit seinen Werften und Minen ein Einwanderungsland, Cardiff ein Schmelztiegel der Immigration. Wirtschaftskrise und Strukturwandel haben das Werftgelände dahingerafft. Entstanden aus seinen Ruinen ist ein modernes touristisches und geschäftliches Neuland gleich neben den verbliebenen historischen Gebäuden an der Cardiff Bay, städtebaulich ein ganz großer Wurf mit futuristischer Architektur.

Platz eins nimmt dabei das neue Parlamentsgebäude des Senedd ein. Holz, Glas und Stein formen ein lichtes, hohes Gebäude, das Transparenz, Offenheit, Integration und Konsens symbolisiert. Die hölzerne Kuppel wölbt sich wie der Schirm einer riesigen Baumkrone über das Bauwerk.

Kathrin, die Hostess vom hauseigenen Pressedienst, lässt uns hinunter in den Plenarsaal mit seinen computerisierten Abgeordnetensitzen und Dolmetscherkabinen. Eine reflektierende Röhre führt in die Kuppel des Baumes und leitet das Tageslicht hinab in die hohe Versammlung. Das architektonisch ausgefeilte Rund steht für Debatte und Beratung und im bewussten Gegensatz zu parlamentarischer Konfrontation wie in Buckingham Palace, betont Kathrin lächelnd. So sieht wahrlich ein Senat aus.

Mit der regionalen Selbstbestimmung gewinnt Wales im Zeichen des roten Drachen seine Identität und Originalität mehr und mehr zurück. Das Land sieht sich – anders als die knappe Mehrheit der Schotten – dennoch als Teil des Vereinigten Königreiches. Es gibt kein keltisches Land, das wie dieses die gälische Sprache pflegt. Kymrisch wird überall im Land gesprochen, auch im Parlament. Hoffentlich bleibt das so.

Mit der Selbstbestimmung begründet Wales zugleich eine moderne Demokratie und Verfassung, die das kulturelle Erbe pflegt, aber auch zukünftige Generationen ausdrücklich in ihren Entscheidungen berücksichtigt. Langfristige Planungen und Maßnahmen müssen auf ihre Folgen für die Zukunft geprüft werden. Die Neuzeit gibt in Wales explizit ihre maßlose Selbstbezogenheit auf und schaut auf die Zukunft. Das ist eine neue und beispielhafte, verfassungsmäßige Dimension, mit zukunftsmächtigen Ausmaßen für parlamentarische und staatliche Nachhaltigkeit: Es ist die verankerte und wahrgenommene politische Verantwortung für die Enkel.

 Zur Zukunft an der Cardiff Bay

Im CAT herrscht bereits seit langem regenerative Wirklichkeit. CAT steht für „Centre for Alternative Technology“. Es liegt in Machynlleth, mitten in den Bergen von Snowdonia. Eine wassergetriebene Bergbahn führt hinauf in die ökologische Mustersiedlung. Hier hat eine Gemeinschaft von konsequent ökologisch denkenden Protagonisten die Nutzung der erneuerbaren Energien seit den späten 70er Jahren in beispielhafter Weise realisiert und vorangetrieben.

In 40 Jahren wurde sehr pragmatisch umgesetzt, was nachhaltiges Bauen, Leben und Arbeiten auf einem hohem Lebensstandard bedeutet. Als „Zero Carbon Britain“ wurde das Projekt während dieser vier Jahrzehnte von seinen Initiatoren weiterentwickelt, dokumentiert, wissenschaftlich begleitet und theoretisch fundiert. Die Protagonisten halten eine Umsetzung in UK bis 2030 durchaus für möglich. Inzwischen gilt es als Öko-Paradigma. Wir trafen seinen Projektleiter Paul Allen in den hängenden Gärten des CAT. Der CAT-Bericht „Zero Carbon Britain – Rethinking the Future“ kann auf der CAT-Website kostenlos heruntergeladen werden.

 Mit der Bergbahn in die Zukunft von „Zero Carbon Britain“

Wir waren in Fairbourne gelandet, nachdem wir die heftigen morgendlichen Schauer auf einem Strandparkplatz von Tywyn abgewettert hatten. Gegen Mittag lockerte die Bewölkung auf und so lösten wir am kosmopolitischen Schnittpunkt von Fairbourne, gleich gegenüber dem historischen Eisenbahnmuseum und dem Miniaturbahnhof der Schmalspurbahn, ein Retourticket der Welsh Railway für zwei nach Barmouth.

Im Abteil lernten wir Paul, den wohl nettesten Schaffner dieser bedeutenden Bahnlinie kennen. Die Frage, ob dieser Zug nach Portmeirion weiterfahre und ob das nicht ein besonders sehenswertes Ausflugsziel sei, bejahte er nachdrücklich, stellte uns ein Anschlussticket aus und versah uns mit allen nötigen und noch weitergehenden Informationen, wie wir Portmeirion von der Haltestelle zu Fuß über die kleine Landstraße erreichen könnten, nicht ohne dies alles beim Ausstieg zu wiederholen und uns am Bahnsteig mit Handschlag zu verabschieden. Solange musste der Zug halt warten. Und so erreichten wir unvorhergesehen Portmeirion, eine toskanische Traumstadt mitten im schönen Wales, deren farbenfrohe potemkinsche Kulisse es mit jedem Phantasypark aufnehmen kann.

 Mit Returnticket nach Portmeirion in die Welsche Toskana

Auf Anglesey liegen Bronze und Eisenzeit nah beieinander. Hier finden sich keltische Castros wie in Galizien. Die Steinzeit ist nirgends näher als hier. Auf dem westlich davon gelegenen Holy Island setzt sich das Bild fort. Bei der „The Holyhead Mountain Hut Group“ handelt es sich nämlich nicht um eine Wohnungsbaugesellschaft oder Berghüttenresidenz, sondern um eine keltische Siedlung, deren Fundamente bestens erhalten sind. Die verteilten Gruppen eisenzeitlicher Rundhäuser bilden ein wunderschönes Ensemble. Die sehenswerte Anlage liegt etwas abseits an der Westküste von Holy Island, gleich am Wegesrand zum South Stack Lighthouse. Unweit der Felswand der Holy Island Mountains erstreckt sich ein sanfter Höhenrücken, an dessen seeseitigem Anstieg sich die Siedlung in die Hänge schmiegt.

Holy Island ist seit der Bronzezeit besiedelt und steht seit jenen Urzeiten im direkten Bezug zum megalitischen Kosmos an den Küsten Irlands und Schottlands. So steht die Grabkammer Bryn Celli Ddu ganz in der Tradition der Maeshowe-Kultur. Deren Tore zur Anderswelt richten sich nach astronomischen Gesetzen und lassen die letzten Strahlen der untergehenden Abendsonne punktgenau zur Wintersonnenwende in die Grabkammern fallen. Diesen zeitlosen Gesetzen des Sonnenzyklus und des astronomischen Neujahrsbeginns folgen die Ganggräber in Maeshowe auf den nördlich gelegenen Orkney Islands und im westlich gegenüber liegenden Newgrange in Irland in genau derselben Weise: Ihre Architektur ist die Manifestation eines ideologisch-spirituellen Konzeptes. Ihre Anlagen markieren Schnittpunkte eines Bezugssystems in Zeit und Raum, im Diesseits und Jenseits. Hier auf Holy Island liegt das bronzezeitliche Gateway nach Westen und Norden. Holy Island ist seit Urzeiten der Umschlagplatz, Holyhead bis heute ein Dreh- und Angelpunkt.

 Zu steinzeitlichen Siedlungen, Gräbern und Umschlagplätzen

Von hier aus nehmen wir die Fähre nach Dublin, mit Kurs über Land nach Ballycastle in Nordirland, am North Channel. Er ist der maritime Eingang in die Irische und in die Hebridische See, in jene offene Transferregion, die Irland und Schottland seit der Eiszeit verbindet.

Wie es in Nordirland weitergeht, erzählt unser nächster Bericht. Dann geht es um Rathlin Island, das einstmals zum Kingdom of the Isles gehörte und Wikinger- und Clan-Führern diente, meistens zur Ausplünderung. Königlich dort ist heute nur noch der Leuchtturm am Vogelfelsen, an dem die Royal Society for the Protection of Birds Naturkunde betreibt und den rücksichtsvollen Umgang mit den Geschenken und Geschöpfen unserer bedrohten Welt propagiert.

Wir waren bei ECOS in Ballymena, wo den Nordiren und ihren Gästen Nachhaltigkeit und Umweltbewusstsein im Visitor Centre demonstriert wird. Nebenan betreibt Frank McCooke organischen Landbau nach Art seiner Vorfahren, der Ulster Scots, die hier seit Jahrhunderten siedeln.

Wir melden uns aus britischem Hoheitsgebiet: vom Kingdom of the Isles und dem United Kingdom.




   Viele Grüße aus Irland!


   Heinz Bück und Sigrid Schusser


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