The Celtic Times 5/15: Die Aran Islands

The Celtic Times 5/15: Die Aran Islands

Redactionsbureau - Werkstattbericht

Verehrte Mitreisende, liebe Freunde des redACtionsbureaus,

wir sind runter. Vom schönen Donegal runter in den Westen Irlands, dann immer weiter in den Süden. Rauf und runter in schaukelnden Booten, über die Galway Bay auf den vorgelagerten Archipel der Aran Islands. Dort rauf auf die atemberaubende Klippe von Dun Angus, hinauf zum bronzezeitlichen Ringfort an der magischen Grenze zur Anderwelt, dem Tor zum Jenseits. Wir haben die Grünen Inseln erkundet, ihre köstlichen Meeresfrüchte gekostet und auf Inishmaan eine amphibische Uferpromenade entdeckt.

Die Aran Islands sind fantastisch und trotz der touristischen Nachfrage sehr abgelegen. Teresa, unsere Zimmerwirtin auf Inis Meáin, hatte uns indessen erzählt, ein amerikanisches Journalistenduo sei vor einem Jahr dort aufgeschlagen und entsetzt schnellstens wieder von dannen gezogen. "Wir wünschten, niemals hierhin gekommen zu sein", war das geistreiche Resümee ihres Magazinbeitrags: Sie vermissten jede, aber auch jede Gelegenheit für Shopping und Wellness. Ihnen fehlten Bars, Restaurants und Pubs, ja jede Infrastruktur. Unsere Uferpromenade am Meer haben sie nicht gesehen. Das ist gut so und erspart viele Enttäuschungen. Sonst kommen nachher noch mehr von der Sorte.

So ist das mit Journalisten vor Ort... und dem modern Way of Life. Um es aber mit Blick auf die wunderbaren Inseln der Heiligen klar- und richtigzustellen, bleibt uns in Abwandlung des Evangelisten Matthäus dazu nur zu sagen: Sie sehen nicht, aber sie ernten doch. Denn Inis Meáin wurde mit ihrer wunderschönen Uferpromenade für uns ein besonderes Highlight und zu einer speziellen Empfehlung für Naturfreunde.

Nach jenem lebensfrohen Konzert der Henry Girls im prächtigen Donegal sind wir nach Doolin, im zerklüfteten County Clare, am karstigen Burren. Ein von Erosion zerfressenes, bizarres Land breitet sich hier aus: in zerschundenen Terrassen aus spröden Kalksteinblöcken. Diese einmalig schöne Region ist heutzutage ein irischer Geo- und Nationalpark und steht unter besonderem Schutz – unter Mondlandschaftsschutz. Diese Steinwüste setzt sich über den Küstenrand fort, versinkt vor den Cliffs of Moher in der rauen Galway Bay und steigt ein paar Kilometer weiter wieder forsch aus dem Meer empor, in Form dreier Inseln von herber Schönheit: Inis Oírr, Inis Meáin und Inis Mór (engl. Inisheer, Inishmaan und Inishmore), die Aran Islands – Oileáin Árainn. Dort wollten wir hin, in eine der letzten Irisch sprechenden Regionen. So packten wir die Rucksäcke und ließen nach einem zünftigen Abend in den Singing Pubs von Doolin das Auto bei Ken Nagle auf dem Campingplatz zurück. Danke, Ken!

 Zur Dreiinseltour von Doolin aus

Scharfkantiger Stein formt die drei Inseln, ihre grotesken Terrassen, ihre verschrundeten Plateaus, die Wind und Wogen in Jahrtausenden nicht haben glätten können. In diesen Steinwüsten errichteten die frühen Siedler der Bronze- und Eisenzeit ihre Ringforts, bauten Mauern aus schroffen Blöcken, die ihr Land parzellierten, und machten den kargen Boden urbar: mit Tang, den die See achtlos auf die rissigen Küsten warf, und mit Sand. Inis Oírr (engl. Inisheer) ist das östlichste und kleinste Eiland der Aran Isles, gut 5 Meilen vor der Felsenküste der Grafschaft Clare an der Südseite der Galway Bay. Graue Trockenmauern liegen wie ein Netz über der kleinen Insel und säumen die schmalen Wege. Nach den vorausgegangenen stürmischen Tagen fuhren erstmals wieder die Fähren und wir setzten bei etwas kabbeliger See sogleich über. Fast wären wir gar nicht mitgekommen. Viele Touren und Quartiere waren schon ausgebucht. Doch man muss den Fahrplan kennen. So bekamen wir einen wunderbaren Tourenvorschlag, ein Übersetzungsprogramm nach Insider-Art, das uns Joan Reilly von Doolin2Aran Ferries ausklügelte. Danke, Joan!

 Zum Übersetzungsprogramm: auf die Aran Islands

Unserem straffen Programm zufolge mussten wir – nach einer entspannten Inselumrundung von Inis Oírr – um drei wieder zum Hafen und die kleine Fähre nehmen: zur übernächsten Insel nach Inis Mór (engl. Inishmore). Dort liegen die schönsten der irischen Ringforts – über allen erhaben das Klippenfort Dún Aonghasa (engl. Dun Angus). Dieser magische Ort thront 100 Meter über dem Meer auf der atemberaubenden Steilküste. Kurz vor Schließung des Visitor Centers kamen wir mit geliehenen Bikes außer Puste an. Wir fanden tatsächlich noch jemanden vor und trafen die Historikerin Pádraigín Clancy. Und bald schon waren wir in eine spannende Diskussion über die Vorzeit und Archäologie verwickelt, über keltische Spiritualität, archaischen Jenseitsglauben, die Kraft der Magie und über die irische Sprache. Es war eine bereichernde, persönliche Begegnung. Der Rundgang mit Pádraigín durch die kleine Ausstellung wurde für uns zu einer erstklassigen Einführung in die Bronzezeit, die fernen Tage der Entstehung der Anlage und ihres Wiederaufbaus im frühen Mittelalter. Hinter uns schloss Pádraigín die Türen und schickte uns hinauf, an das Tor zur Anderwelt, wo Land auf See und Himmel trifft, nicht ohne uns vor der sirenenhaften Magie der Klippen zu warnen. Danke, Pádraigín. Es war schrecklich schön. 

 Zum Rand der Anderwelt: nach Dún Aonghasa

Wir hatten noch einen weiteren Tag auf Inis Mór, einen halben zumindest. Beim Abendessen und schwarzem Bier verplanten wir ihn leichthin: das Black Fort. Das Votum war klar: Sieben Steinforts stehen auf den Aran Islands, drei allein auf Inis Mór. Eines der schönsten ist Dún Dúchathair, das schwarze Fort. Nicht weniger dramatisch, nur etwas weniger pathetisch als Dún-Aonghasa, ragt es wie auf einer Rampe erbaut über die Küstenlinie hinaus ins Meer. Wir beschlossen, wieder per Bike dorthin zu fahren – eine richtige Entscheidung, wie sich zeigen sollte – und widmeten uns wieder dem Abendessen. Nach der Suppe gab es aus hauseigener, heimischer Küche lokale, frisch geerntete Muscheln an Tagliatelle: ein italo-keltisches Mahl für den Welttourismus, mit überregional inspirierter Guinness-Soße und globalem Parmesan. Köstlich! Die Amerikaner im Saal bestellten Ketchup dazu. Weltläufigkeit traf auf lokale Erzeuger, selbstgebackenes Brot auf Kerry Butter. So ist es halt mit Nischenmärkten.

 Per Bike zum Black Fort: Dún Dúchathair

Auch auf den Aran Isles greift der Zeitenwandel. Und so begegneten wir nach unserer Bikingtour, Hals über Kopf und verschwitzt, am Hafen noch Alex White, dem irischen Minister für Kommunikation, Energie und Natürliche Ressourcen. Er war zu Besuch mit der Fähre gekommen, auf Einladung von Comharchumann Fuinneamh Oileáin Árainn, der Aran Islands Energy Co-Op. Diese hatte angekündigt, dass die Inseln aufgrund einer gemeinsamen Deklaration bis 2020 autonom sein wollen von fossilen Brennstoffen. Bronzezeit West traf hier auf die regenerative Neuzeit. Zwar nahm der Minister zur Weiterfahrt nicht das Rad und auch keine Kutsche, sondern ein eigens eingefährtes Fahrzeug der Moderne: ein "Zero Energy Auto". Das verbraucht nämlich keine Energie! Das fährt auf Strom! Und so zog der Minister mit globaler Öko-Power eines Renault Fluence Z.E. davon zu seinen zukunftsweisenden Gesprächen, um Wind zu machen für den alternativen Energieverbrauch. Zwar kann sich hier keiner ein solches E-Mobil leisten und niemand ein solches warten, aber das weiß der Minister vielleicht gar nicht. Schließlich geht es ja um das Symbolische, das Future-Charisma und Windkraftanlagen, bevor der letzte Akku leer ist. Wir nahmen derweil den dieselnden ÖPNV, den Happy Hooker nach Inis Meáin, so mussten wir nicht rudern. Die Segler wurden abgeschafft, vielleicht kommen die ja bald wieder.

 Per Deklaration in die regenerative Neuzeit 2020

Gegen eins standen wir auf Inis Meáin (Inishmaan), um zwei waren wir auf dem Wege, die Insel zu Fuß zu umrunden, am maritimen Rande des Burren. Im amphibischen Karstland entdeckten wir eine Uferpromenade. Es wurde eine der landschaftlich schönsten Wanderungen dieser langen Reise, mit fantastischen Ausblicken an den klobigen Küstenterrassen. Es wurde ein Badetag in berauschenden Farben, ein Sehtag angesichts imposanter Gesteinsformationen, ein Sonnenbadetag im strahlenden Glanz des Sommerlichts. Wir liefen im steten Kontrast des wogenden Meeres und dem Azur eines makellosen Sommerhimmels. Ausgangspunkt war Dún Chonchúir (engl. Doonconor), das prächtige Ringfort mitten über der mittleren Insel. Dort hatten wir ein schönes B&B gefunden. Unsere Wirtin Teresa Faherty erklärte uns anhand einer Kartenskizze, wo wir bei diesem wundervollen sonnigen Wetter wandern können und wo wir wieder abbiegen müssen, um die Insel auf kürzestem Heimweg zu durchqueren. So machten wir uns auf zu einer der schönsten Wanderungen dieser Tour. Danke, Teresa!

 Zur Uferpromenade ins amphibische Karstland

Inzwischen sind wir längst wieder da, aber immer noch nicht ganz angekommen. Viele haben wir schon gesprochen, manche treffen wir demnächst ja persönlich. Der Alltag hat uns wieder. Es ist schön wieder bei euch zu sein. Gottlob blieb ein wenig Zeit, weitere Etappenberichte aus unseren Tagebucheinträgen nachzureichen. Nächstes Mal ziehen wir dann nach Kerry und Cork.

Aus einer ersten Sichtung des riesigen Fotomaterials haben wir weitere Bildergalerien zusammengestellt und die Einzelbeiträge mit eigenen Headerbildern versehen – die müsst ihr euch ansehen! Sie liefern zu jedem Beitrag eine kleine, gut einminütige Slideshow zur Einstimmung auf die Etappen. Tolle Bildergeschichten und eine Hommage an die Schönheit jener keltischen Welt. Wenn die Zeit zum Lesen also knapp ist, so nehmt euch ein paar Minuten und schaut euch gerne die Bilder an.

Den Reportage-Newsletter kann man übrigens gerne weiterleiten. Er ist kostenlos zu bestellen. Hier ist das Archiv der letzten Ausgaben. Wir freuen uns auf eure Kommentare.




   Viele Grüße


   Heinz Bück und Sigrid Schusser