redACtionsbureau Reportage

Eloquentia: Gespräche über Wind und Wetter

Einsichten am Gateway Blarney: unter Campingfreunden

Bild

Wir verlassen Cahersiveen nach regnerischen Tagen bei aufklarendem Wetter zur allerletzten Etappe: nach Blarney. Als überzeugte Abschweifer nehmen wir nicht die beschilderte Küstenstraße. Denn abseits liegen ebenfalls wundervolle Plätze und Wege, etwa die Straße nach Glencar. Sie ist eine Traumstraße neben der Traumstraße, die mitten durch die einsamen McGillycuddy Reeks nach Blarney ins schöne County Cork führt.

Blarney Castle hat schon zu Cromwells Zeiten Schlaumeier beherbergt und angezogen. Doch als die Truppen des herzlosen Eroberers die Burg einnahmen und die Mauern schliffen, war die Besatzung durch die unterirdischen Gänge längst verschwunden und hatte den Goldschatz vorsichtshalber mitgenommen. Die wahre Pracht blieb uns erhalten: der fantastische Park mit knorzigen alten Bäumen, die Tolkins Ents Modell gestanden haben müssen.

Bild

Auf den hohen Zinnen der Burg indessen dürfen Touristen den Stein der Weisen küssen. Sie werden dabei fotografiert und danach mit Beredsamkeit bestraft. Schon nach zehn Minuten kann man sein Foto an der Bude am Eingang erwerben. Ein hoher Preis wertet es auf. Und davon erzählen die Leute dann, zuhause und im örtlichen Pub. Dort trafen wir uns am letzten irischen Abend mit Con Quill. Er betreibt einen höchst komfortablen 5-Sterne Campingplatz am südlichen Einstieg zu Irlands berühmter Küstenstaße. Zugleich ist er der ehrenwerte Vorsitzende des Irish Caravan & Camping Council, der Vereinigung der irischen Top-Campsites. Insofern ist er auf der Höhe, auf Augenhöhe mit den Strategen des Tourismus und den Kollegen im ganzen Lande und in Europa. Da gibt es viel zu erzählen und neue Einsichten zu gewinnen.

Con ist polyglott, ein nationaler wie internationaler Tourismusexperte, doch im irischen Süden fest verwurzelt. Mehr noch als ein Manager, ist er ein ebenso sympathischer wie umsichtiger Gastgeber. Zwischen Cork und Cobh und Kinsale, Kenmare und Killarney kennt er alle Ausflugsziele, Bahnanbindungen, Fähren und Fahrradverleiher und hat jede Menge Tipps für seine Gäste. Wir sprachen natürlich auch über das Wetter. Nicht des Small Talks wegen, sondern wegen der akuten Wetterlage und der spürbaren Extreme, die auch in Irland unverkennbar sind.

Bild

Ken Nagle, Con´s CCC-Kollege, den wir in Doolin besuchten, hatte uns Grüße ausrichten Lassen, ebenso Mortimer vom Mannix Point. Die Campingplatzbetreiber im CCC arbeiten gemeinsam an ihren hohen Standards und investieren in geräumige, gut gepflegte, familienfreundliche Plätze. Ökologische Anliegen wie Mülltrennung oder Abwasserentsorgung fordern zusätzlichen Invest. Steigende Wasser- und Stromgebühren kommen hinzu. Die Kosten steigen, und die Ansprüche der Besucher auch. Das wollen einige Billigheimer und Sparfüchschen nicht wahrhaben und auch nicht sehen. Oftmals sind es die mit den ganz dicken Wohnmobilen, die ihre Kirmeswagen lieber an den Strand fahren und ihre Toiletten- und Abwassertanks – wenn überhaupt – entleeren kommen: erwartungsgemäß für nix. 20 bis 25 Euro pro Familie und Nacht samt Wasser, Strom und WiFi ist einigen schon zuviel. Und so gibt es immer mehr Barrieren an den Parkplätzen, selbst schon bei Supermärkten: auf 2m Höhe.

Ken hatte ein wenig über die zweite Hälfte der Saison geklagt. Von Mai bis Mitte September muss in Irland der Umsatz gemacht werden. Der Spätsommer jedoch war schlecht. Orkanböen, wie sonst nur im Herbst, kamen wiederholt aus Westen. Ihnen folgten auf Ost drehende Stürme, wie sie hier bislang und zu dieser Jahreszeit nicht bekannt waren, sagte Ken. Die Fähren auf die Aran Islands hatten einige Tage nicht auslaufen können. Wir indessen hatten gleich darauf drei wunderbare Sonnentage.

Auch der Frühling und der Frühsommer 2015 waren angenehm gewesen. Freunde von uns waren genau drei Wochen vor unserer Sommerreportage auf der Grünen Insel unterwegs: für drei Wochen bei freundlichstem irischem Wetter, auch in Doolin, als wir im Frühjahr froren. Wir selbst hatten in Cornwall, Wales und Irland sehr wechselhaftes Wetter. Hier wie dort gab es jubilierendes strahlendes Blau, doch auch auffällig starke Winde. Nun, da wir am Ende der Tour in Kerry und Cork angekommen sind, zeigt sich das irische Wetter etwas länger von seiner grauen Seite. Es wird extremer.

Bild

Wir erzählten vom vergangen Wochenende am Mannix Point und vom Wetterfest in Cahersiveen, das zum großen Teil ins Wasser gefallen war. Der Campingplatz versank im Wasser. Wir liefen barfuß durch knöcheltiefe Pfützen, stapften durch quatschende Sumpfwiesen und wateten durch frisch entstandene Priele, deren silbrig schwarze Oberflächen der Wind kräuselte, als wolle er ein Bild des rollenden Atlantik da draußen zeichnen, auf flachen Wiesenlaachen, die mit einer zittrigen faltigen Haut überzogen waren.

Im letzten Winter beim Sturm, so wusste Con zu erzählen, war die See sogar erstmals am Mannix Point eingestiegen, hatte die ufernahen Wiesen des Campingplatzes geflutet. Bislang hatte der Platz in der Windabdeckung von Valencia Island recht geschützt gelegen. Doch dieses Mal reichte der natürliche Wellenbrecher der vorgelagerten Insel nicht. Es gab Schäden durch Wind und Wasser, übrigens auch anderswo im Land. Mortimer sprach nicht darüber und setzte den Platz stillschweigend wieder instand. So ist dass mit den Wetterfesten.

Bild

Wir verließen Con am nächsten Tag. Es war auch hier eine herzliche offene Begegnung. Die Heimreise stand an. Blarney war für uns der südliche Ausstieg unserer Tour. Von hier sind es drei Stunden zum Fährhafen Rosslare zu Stena Line und Irish Ferries, noch näher ist von hier aus nur Cork für Brittany Ferries. Die haben zudem einen besonderen Heimvorteil, denn im benachbarten Kinsale beginnt und endet der viel gerühmte Wild Atlantic Way. Doch den hatten wir schon. Wir wollten vor dem Check-in noch am Irish Heritage Park in Ferrycarrig stoppen und frische Bücher einkaufen. Die Fähre von Rosslare nach Cherbourg ging erst am späten Abend.

  • Bildergalerie
  • Bilder: 46