redACtionsbureau Reportage

Cardiff – das Fort am Taff

Seit 1998 politisches Zentrum von Wales

4. Juli 2015 — Cardiff

An der breiten Mündung des Severn liegt die Hafenstadt Cardiff, Hauptstadt des unabhängigen Landes Wales, das Teil des Vereinigten Königreichs Großbritannien und Nordirland ist. Diese mit knapp 350 000 Einwohnern bevölkerungsreichste Stadt von Wales bildet einen der 22 walisischen Verwaltungsbezirke. Den Namen hat die Stadt einer Theorie zufolge dem sie durchfließenden River Taff zu verdanken: Caer Dydd – Fort am Taff.

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Cardiff ist für Wales von kultureller, wissenschaftlicher und politischer Bedeutung. Die Stadt beherbergt zwei Universitäten, darunter mit der Cardiff University die größte in Wales. Des Weiteren finden sich hier diverse Museen, wie das National Museum Cardiff, und das Millenium Stadium, das derzeit zweitgrößte Fußballstadion Großbritanniens. Im Jahr 2006 wurde nahe der Cardiff Bay und in direkter Nachbarschaft zu zwei weiteren Standorten der walisischen Nationalversammlung, dem Tŷ Hywel und dem Pierhead Building, ein neues Parlamentsgebäude eingeweiht: das "Senedd". Hier finden seither die Plenarsitzungen und die meisten Versammlungen der Ausschüsse statt. Möglich wurde dies 1998 durch den Government of Wales Act, mit dem die Nationalversammlung für Wales gegründet wurde – rund 30 Jahre nach Aufkommen der ersten Forderungen nach politischer Autonomie.

Ans Standort dient das ehemalige Werftgelände der Hauptstadt. Wales war mit seinen Werften und Minen ein Einwanderungsland, Cardiff ein Schmelztiegel der Immigration. Wirtschaftskrise und Strukturwandel hatten das Werftgelände dahingerafft. Entstanden aus seinen Ruinen ist ein modernes touristisches und geschäftliches Neuland gleich neben den verblieben historischen Gebäuden an der Cardiff Bay, städtebaulich ein ganz großer Wurf mit futuristischer Architektur.

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So besteht das Parlamentsgebäude aus Holz, Glas und Stein – ein lichtes hohes Gebäude, das Transparenz, Offenheit, Integration und Konsens symbolisiert. Die hölzerne Kuppel wölbt sich wie der Schirm einer riesigen Baumkrone über das Gebäude, der Stamm führt das Licht des Himmels in den Plenarsaal zwischen seine Wurzeln.

Kathrin, die Hostess vom hauseigenen Pressedienst, lässt uns hinunter in den Plenarsaal mit seinen computerisierten Abgeordnetensitzen und Dolmetscherkabinen. Eine reflektierende Röhre führt in die Kuppel des Baumes und leitet das Tageslicht hinab in die hohe Versammlung. Das architektonisch ausgefeilte Rund steht für Debatte und Beratung und im bewussten Gegensatz zu parlamentarischer Konfrontation wie in Buckingham Palace, betont Kathrin lächelnd. So sieht wahrlich ein Senat aus.

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Mit der regionalen Selbstbestimmung gewinnt Wales im Zeichen des roten Drachen seine Identität und Originalität mehr und mehr zurück. Das Land sieht sich – anders als die knappe Mehrheit der Schotten – dennoch als Teil des Vereinigten Königreiches. Es gibt kein keltisches Land, das wie dieses die gälische Sprache pflegt. kymrisch wird überall im Land gesprochen, auch im Parlament, wo alle walisischsprachigen Eingaben ins Englische übersetzt werden, wenngleich nicht umgekehrt. Denn Englisch spricht jeder. Doch auch Kymrisch gehört zu den Sprachen des EU Parlaments. Hoffentlich bleibt das so.

Mit der Selbstbestimmung begründet Wales zugleich eine moderne Demokratie und Verfassung, die das kulturelle Erbe pflegt, aber auch zukünftige Generation ausdrücklich in ihren Entscheidungen berücksichtigt. Langfristige Planungen und Maßnahmen müssen auf ihre Folgen für die Zukunft geprüft werden. Die Neuzeit gibt in Wales explizit ihre maßlose Selbstbezogenheit auf und schaut auf die Zukunft. Das ist eine neue und beispielhafte, verfassungsmäßige Dimension, mit zukunftsmächtigen Ausmaßen für parlamentarische und staatliche Nachhaltigkeit: Es ist die verankerte und wahrgenommene politische Verantwortung für die Enkel.

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