redACtionsbureau Reportage

Die verlassene Schönheit

Die Vogelinsel Mykines liegt einsam und abgeschieden im äußersten Westen der Färöer

Das Schnellboot ist bis auf den letzten der 40 Plätze reserviert. Die Fahrgäste drängen sich an Deck in die überdachte und geschützte vorderer linke Ecke. Achtern und steuerbord spritzt die Gischt über das offene Deck, spätestens als das Boot die hohen Wogen durchpflügt.

Datum: Mittwoch, 11.08.2010
Strecke/Ort: Sandavagur (Vagar) - Mykines (Mykines)

Die verlassene SchönheitDie verlassene Schönheit

Nach dem gestrigen Sonnentag haben wir heute dichte Bewölkung. Mykines liegt recht voraus in Dunst und Nebelschwaden. Ein alter Mann fragt uns nach Woher und Wohin. Er ist auf Mykines geboren, war Farmer dort und ist vor ein paar Jahren nach dem Tod seiner Frau fortgezogen, zu seiner Tochter nach Dänemark. Einmal im Jahr komme er zusammen mit ihr und seinen Enkelkindern für ein oder zwei Tage zurück. Die junge Leute verließen die Insel, sagt er, heute wohnten nur noch wenige Familien dort.

Die Vogelkolonien, sagt er, seien wahrscheinlich jetzt schon bald verlassen. Die Brutzeit sei für die meisten vorbei. Und er zeigt uns die Stellen an der Steilküste, wo sie Papageientaucher gefangen haben. Tausende, sagt er, viele Tausende.

Wir finden die Höhlen der Puffins tatsächlich verlassen vor. Sie sammeln sich draußen auf dem Meer zum Flug gen Süden. Ihr Nahrungsvorkommen sei nicht mehr so groß wie früher, hatte der alte Mann erzählt, statt dessen fange man hier Fische, die es zuvor so hoch im Norden nicht gegegeben habe. Das Klima verändere sich merklich. Und wenn Papageientaucher ihr Nahrungsreservoir schwinden sehen, brüten sie ihre Eier nicht mehr aus. Sie verlassen ihr Gelege, ein Selbstregulativ der Natur, die eine Generation quasi ausfallen lässt, um den vorhandenen Bestand zu stärken.

Bis zur äußersten Spitze Mykenes, dem westlichsten Punkt der Färöer, führt uns der schmale Weg die Küste hinauf und hinab, durch kalten Wind, der auf den Höhen auffrischt. Eine Brücke über eine tiefe Kluft verbindet die vordere Landspitze mit der heute grau umwölkten Insel. Jenseits zieht sich der Pfad hinaus zum Leuchtturm. Ein prächtiges Panorama eröffnet sich uns, zurück über die Hügel Mykines und voraus auf die vorgelagerten Vogelfelsen. Sie sind gekälkt von Vogeldung und übersät mit kreischendem Gefieder.

Angus:
Angus kommt gut gelaunt zurück von seinem Verwandtenbesuch auf See. Wir hätten gleich hierhin aufbrechen sollen, sagt er, statt vier Wochen über die Inseln zu bummeln. Viele Papageientaucher sind schon aufgebrochen, doch er bleibe bei uns. Zumindest sei ja die Nahrung gesichert.

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