redACtionsbureau Reportage
redACtionsbureau Heinz Bück

Zur Compton Farm: a Cup of Heaven

An Steilküsten und Kiesstränden

Portsmouth bedient heute die Passagierschifffahrt. Hier legen die Condor Ferries an und ab, auf kleiner Fahrt zu den normannischen Kanalinseln oder nach Cherbourgh in die Normandie. Hier starten und enden die Biskayafahrten von Brittany Ferries nach Santander und Bilbao. Und hier pendeln die Wight Link Ferries mit ihren kleinen Schnellbooten für eilige Fußpassagiere und mit gemächlichen Autofähren nach Ryde und Fishbourne auf die Isle of Wight, im stündlichen Rythmus.

Wight Ferries fahren fast bis in die Altstadt von Portsmouth, um Autos und Busse an Bord zu holen und kurven zwischen den Frachtern, Passagierdampfern und Luxuslinern hinaus in die Bay und hinüber auf die Isle of Wight. Check-in ist bis eine Stunde vor Abfahrt, die sich indes zuweilen verzögert. Flaschengas muss deklariert werden.

Die Landung in Fishbourne ist schon wenige Zeit später und im Konvoi der angelandeten Fahrzeuge schlängeln sich die Automobile hinab nach Newport. Die Hauptstadt der Insel ist heute Sitz des Island Council ist. Das Inselmetropölchen hat alles, was eine Hauptstadt ausmacht: die Infrastruktur eines geschäftigen Oberzentrums, dicken Verkehr, Ampelanlagen an jeder Straßenkreuzung und permanenten Stau. Durch die engen Straßen schlängelt sich der entschleunigte Verkehr stockend und schiebend und leicht, nur leicht nervös. Die Fahrspuren, meist von einer amtlich angegebenen Breite von 6 Fuß und 6 Inch sind in der Regel einseitig zugeparkt, oft wechselseitig, sodass sich Busse, Traktoren und Trucks von Auto zu Auto hangeln und im Slalom durch die Straßen der Stadt und der Vororte kurven. Entschleunigt und stockend im zähen Vorärtskommen.

Wir suchen und finden Quartier im Südwesten, Compton Farm an der Compton Bay. Die dovergleichen weißen Klippen sind spektakulär, die Felsnadeln davor das Wahrzeichen der IoW: The Needles, von Bussen angesteuert, von Autos zugeparkt. Wir erkunden lieber die Küste mit dem Bike, zunächst über die Military Road (sic), etwas zu stark und auch zu schnell befahren, als dass sie das Image des Biking Island einlösen könnte. Das können allenfalls die abgesteckten Fahrradrunden im Binnenland. Wir erwandern dann doch lieber die Küste, durchstreifen die rutschigen Kieshalden und -wälle, die das Meer auftürmt hat und im Wechsel der Gezeiten immer wieder wegrafft. Wir haben den Strand für uns allein und schwimmen im herrlich kühlen Wasser. Prachtvoll sind die herben, steinigen roten Strände an Compton Bay, still die rückwärtigen grünen Täler. "A Cup of Heaven", hatte Farmer David gesagt. Vor 40 Jahren hat es ihn von London hierhin verschlagen. Zurück will er nie mehr.

Doch an der IoW nagt die Erosion, auch politisch, die Insel hat mehrheitlich für Brexit votiert, rund 62% sind für Rückzug. Infolge der schweren Winterstürme stürzt die Steilküste ab. Treppenaufgänge werden von der See zerschlagen. Die Küste wird Jahr um Jahr immer weiter angefressen. Der steigende Meeresspiegel wird diesen Zerfall begünstigen. Die Military Road im Süden musste in Teilen schon einmal landeinwärts verlegt werden. Diese Küste wird im Meer versinken, wie seinerzeit die küstennahen bronzezeitlichen Siedlungen nach der letzten Eiszeit. Auch Erdgeschichte wiederholt sich. Und von ihren keltischen Wurzeln weiß die Insel heutzutage wohl nur kaum noch etwas.

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