redACtionsbureau Reportage
Irlandreportage

Alles in Butter: in Cork und Cobh

Mit Verspätung in der heimlichen Hauptstadt

Wir haben die heimliche Hauptstadt Irlands nun doch endlich erreicht. Die Corker jedenfalls meinen, die zweitgrößte sei eigentlich die erste des Landes. Fest steht, sie war immer eine aufsässige Stadt, eine trotzige Hochburg der irischen Unabhängigkeitsbewegung.

Freitag, 09.08.2013 – Strecke/Ort: Cork (Corcaigh) - Cobh (An Cóbh) - Rosscarbery (Ros Ó gCairbre) –

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Gegen 19:00 Uhr waren wir gestern dann doch noch angekommen, mit Stau in Killarney über die alte Butterstraße Kerrys. Mairin Ahern hatte uns am Abend noch durch Cork geführt und uns ihre Wahlheimat vorgestellt. Sie selbst stammt aus Dublin, der wahren Hauptstadt, der die Corker so gerne den Rang streitig machen.

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Cork ist eine charmante Stadt, eine Universitätsstadt seit 1830, mit inzwischen 20.000 Studenten. Eine Stadt der Gedankenfreiheit und Unabhängigkeit war sie wohl immer. Hier lebten und starben viele für die irische Sache.

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Cork ist weltoffen und seit dem Mittelalter eine bedeutende Handelsstadt. Nicht zuletzt die irische Butter wurde von hier in alle Herren Länder verschifft. Sie hat der Land- und Milchwirtschaft Kerrys viel Geld eingebracht, erst recht seit der Mitgliedschaft Irlands in der EU.

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Aus Irlands Grün wurde Gold: Kerrygold. So lehrt uns zumindest das Buttermuseum. Wir bummeln bis zum Glockenturm von St. Anne's Church auf der anderen Flußsseite des River Lee. Die nahegelegenen Hausbrauereien Murphys und Beamish gehören inzwischen Heineken.

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Die Märkte von Gestern und Heute wandeln sich. Geblieben ist der English Market, eine prächtige Markthalle im viktorianischen Stil. Hier bieten die Händler immer noch die kulinarischen Freuden der Region an, Fleisch, Käse und frischen Fisch.

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Wir fahren 15 km hinaus zum Corker Hafen Cobh, wo die irischen Auswanderer ihr Land verließen. Von hier überquerten die ersten Dampfschiffe den Atlantic. Hier lief auch die Titanic zu ihrer tragischen letzten Fahrt aus. Schreiende Armut trieb Hunderttausende Iren aus dem Land, vor allem in die USA.

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Heute ist die Arbeitslosigkeit für viele junge Leute das Motiv, ihre Heimat zu verlassen. Wenngleich nun nach Australien und Neuseeland. Der Celtic Tiger leckt sich die Wunden. Die Menschen indessen haben ihren Humor nicht verloren, jedoch ihr Vertrauen in die internationalen Finanzmärkte, wie wir oft zu hören bekommen. Nach der Finanzkrise ist längst noch nicht alles wieder in Butter.

TIPP: Wer nicht das Glück hat, eine geführte Tour durch Cork mitzumachen, findet in der Tourist Information vier „Cork Walks“ mit Karte für einen Standrundgang auf eigene Faust. Orts- und geschichtskundige Guides für eine geführte Tour kann man indessen hier buchen.

Noch'n TIPP: An der Uferpromende am Rande von Cobh liegt ein kostenloser Wohnmobilstellplatz direkt am Wasser.

Wort des Tages: im - butter - Butter

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Daten, Fakten, Hintergründe

Der Verwaltungssitz der Grafschaft Cork ist mit rund 120.000 Einwohnern die zweitgrößte Stadt der Republik Irland. Cork war eine Hochburg des irischen Nationalismus und zwischen 1916 und 1922 oftmals Schauplatz von Konflikten zwischen radikalen irischen Nationalisten und der britischen Obrigkeit. Während des Osteraufstandes 1916 standen hier 1.000 „Irish Volunteers“ zum Aufstand gegen die britische Herrschaft bereit, zerstreuten sich aber kampflos.

Am 20. März 1920 wurde Oberbürgermeister Tomás MacCurtain, ein glühender Nationalist, von Mitgliedern der Royal Irish Constabulary in seinem Haus erschossen. Auch sein Nachfolger Terence MacSwiney wurde im August verhaftet und ins Gefängnis von Brixton in London verbracht. Dort starb er nach 73-tägigem Hungerstreik im Oktober 1920. Seine Beerdigung in Cork fand unter großer Anteilnahme der Bevölkerung statt. Als Antwort auf wiederholte Angriffe der IRA brannten britische Hilfstruppen (auch Black and Tans genannt) am 11. Dezember 1920 das Stadtzentrum von Cork nieder. Dabei wurden über 300 Gebäude zerstört.

Bis zum Waffenstillstand im Juli 1921 kam es in der Stadt immer wieder zu Kämpfen zwischen der IRA und britischen Sicherheitskräften. Der überwiegende Teil der IRA-Einheiten in der Stadt akzeptierte den, im Dezember 1921 abgeschlossenen, Anglo-Irischen Vertrag nicht. Als im Juli 1922 der Bürgerkrieg ausbrach, war die Stadt eine Hochburg der Vertragsgegner. Aber schon im August 1922 wurde die Stadt von Truppen des neuen irischen Freistaates eingenommen. Die schlecht ausgerüsteten Vertragsgegner zerstreuten sich nach kurzem Kampf. Sie brannten ihre Unterkünfte nieder und führten noch bis ins Jahr 1923 einen Guerillakrieg in der Umgebung der Stadt. Dann erst verkündeten sie einen Waffenstillstand und gaben ihre Waffen ab.

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